Die Schlacht von Camaret war eine amphibische Landung in der Bucht von Camaret an der südbretonischen Atlantikküste am 18. Juni 1694. Engländer und Niederländer versuchten während des Pfälzischen Erbfolgekriegs, den französischen Hafen Brest einzunehmen und einen Teil der dort stationierten französischen Flotte zu zerstören. Der Angriff wurde erfolgreich von Marschall de Vauban in seinem einzigen Feldkommando überhaupt zurückgeschlagen.
Gesamtzusammenhang
Anfang 1694 entschloss sich Ludwig XIV. das Kampfgeschehen ans Mittelmeer und nach Spanien zu tragen. Um den Marschall de Noailles bei der Einnahme von Barcelona zu unterstützen und Spanien zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages zu zwingen, verließ Admiral Tourville Brest am 24. April mit 71 Linienschiffen. Admiral Chateaurenaults Schwadron folgte ihm am 7. Mai.
Nachdem die Engländer hiervon erfahren hatten, planten sie gemeinsam mit den Niederländern Brest einzunehmen, da sie dieses Unterfangen in Abwesenheit von Tourville und seiner Flotte für nicht allzu schwierig hielten. Hierfür wollten sie eine 7.000 bis 8.000 Mann starke Armee anlanden.
Nach Tourvilles Sieg bei Lagos 1693, hatte Willhelm III. von England eine Strafexpedition nach Saint-Malo geschickt und plante ähnliche Vergeltungsangriffe gegen andere französische Häfen. Nachdem Spione Ludwig XIV. die Plänen gegen Brest mitgeteilt hatten, machte er Vauban zum Befehlshaber über Brest und die vier bretonischen Diözesen von Concarneau to Saint-Brieuc.
Vorbereitungen
Unter dem Kommando des britischen Admirals John Berkeley, 3rd Baron Berkeley of Stratton wurde im Hafen von Portsmouth eine Flotte versammelt, die sich aus 36 Kriegsschiffen, 12 Bombarden und 40 Transportschiffen, die die 10.000 Mann starke Invasionsarmee unter Thomas Tollemache befördern sollten, zusammensetzte.
Vauban begann unverzüglich, die Verteidigung der Stadt und der sie umgebenden Felsküste zu organisieren. Schlechte Wetter hinderte die englische Flotte einen Monat lang am Auslaufen, was den Franzosen gerade genügend Zeit verschaffte, der Flotte einen warmen Empfang zu bereiten.
Generelle Vorbereitungen
1685, schon drei Jahre vor Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekrieges, hatte Ludwig XIV. Vauban mit der Inspektion der Küste von Dunkerque bis Bayonne beauftragt. Über seinem ersten Aufenthalt in Camaret am 9. Mai 1685 schrieb Vauban in seinen Memoiren:
Kurz nach Kriegsbeginn und nachdem er die Stätte bereits inspiziert hatte, entschied sich Vauban, zuerst eine Verteidigungsstellung auf Bertheaume und einen tour de côte auf Camaret zu errichten, ein einzigartiges Beispiel seiner Art. Vaubans erste Entwürfe sahen für das Bauwerk einen runden Turm vor, doch nachdem er die Stelle abermals besichtigt hatte, entschied er sich für einen polygonalen Turm. Bereits kurz nach Beginn der Arbeiten an dem Vauban-Turm 1689 strebten die Engländer, vorgewarnt durch ihre Spione und in Erkenntnis der Wichtigkeit der Arbeiten, die Zerstörung des Turms an. Als 1691 sechzehn englisch-niederländische Schiffe in der Bucht von Camaret gesichtet wurden, erschienen fünf französische Fregatten, um die Flotte des Feindes zu verjagen. Weil angesichts der Aufgabe, hunderte von Kilometern an Küstenlinie verteidigen zu müssen, die Wahrscheinlichkeit groß war, bei der Auswahl der Stellen für Verteidigungsanlagen die falsche Stelle ausgesucht zu haben, sehr groß war, entschloss sich Vauban, mehrere Festungen an verschiedenen Stellen zu errichten, die von Milizen in Stand gehalten werden sollten, wobei die Möglichkeit, schnell reguläre Truppen aus dem Hinterland nachzuziehen, jederzeit bestand.
Konkrete Angriffsvorbereitungen
Zu Beginn des Jahres 1694 glaubte Wilhelm III., Brest wäre einfach einzunehmen, nachdem ihm zu Ohren gekommen war, dass Tourville die Stadt mit 53 Linienschiffen verlassen hatte. So entschied er sich zum Angriff auf die Hafenstadt. Der Historiker Prosper Levot schreibt, die Attacke
Der Plan Wilhelms III. bestand darin, den Großteil der englisch-niederländischen Flotte unter dem Kommando von Edward Russell nach Barcelona zu schicken, um Tourville zu bekämpfen, während der Rest der Flotte unter dem Kommando von John Berkeley Invasionstruppen unter Generalleutnant (lieutenant-general) Thomas Tollemache an der bretonischen Küste nahe Brest absetzen sollte, um die Kontrolle über Meerenge und die Reeden von Brest zu erhalten. Dabei von vorrangiger Bedeutung war die Erwägung, dass das Schicksal von Brest hauptsächlich von der Kontrolle über die Meerenge abhing. Dabei erinnerte man sich insbesondere an eine spanische Unternehmung gegen Brest von 1594, in der spanische Truppen von bloß 400 Mann Stärke über 6.000 Mann unter Johann IV. von Aumont mehr als einen Monat in der Belagerung von Crozon in Schach hielten.
In Anbetracht der immer konkreter werdenden englischen Bedrohung machte Ludwig XIV. Vauban zum „obersten Befehlshaber über die gesamten französischen Land- und Seestreitkräfte in der Provinz Bretagne“. Vauban war schon seit 1688 lieutenant-général des Armées (Generalleutnant) und akzeptierte die neue Stellung unter einer Bedingung: dass er nicht „ehrenamtlicher (also unbezahlter) Generalleutnant der Marine“ würde. Der Bericht über die Befestigungsanlagen vom 23. April 1694 von den Ingenieuren Traverse und Mollart zeigte bloß 265 und 17 an der richtigen Stelle. Als Vauban Anfang Mai die königlichen Direktiven erreichten, wurde Brest von rund 1.300 Mann und 6 Bataillonen verteidigt, ein Kavallerie-Regiment und ein Regiment Dragoner als Verstärkung war auf dem Weg.
Als Vauban am 23. Mai in Brest ankam, wusste er, dass das Kräftegleichwicht zu seinen Gunsten ausschlug. Er stockte die Anzahl an Verstärkungen nochmals auf, die an wichtigen Punkten an der Küste vorgenommen wurden und verstärkte die bereits bestehenden. Mitte Juni inspizierte er die Verteidigungsanlagen unter seinem Kommando und notierte, dass an der Baie de Douarnenez und bei Camaret Truppenlandungen in großem Ausmaß möglich seien. Er befahl, diese stärker zu befestigen. Im Bestreben, jegliche Landungen zu verhindern und ohne verfügbare Kriegsschiffe, stattete er zahlreiche Schaluppen derart aus, dass sie sich zur Verteidigung der Meerenge eigneten. Die Milizen erhielten Waffen, die von der Marine angefordert worden waren. Die Kavallerie-Regimenter und die Dragoner wurden in Landerneau und in Quimper stationiert. Um einen raschen Informationsaustausch zu ermöglichen, organisierte Vauban einen Kommunikationscode in Form von Signalen. In einem Brief an Ludwig XIV. vom 17. Juni 1694 erstattete er folgendermaßen Bericht:
Schlacht
17. Juni 1694
Die englisch-niederländische Flotte (bestehend aus 36 Linienschiffen, 12 Bombarden, 80 Transportschiffen und circa 8.000 Soldaten) unter Berkeley stach schließlich in See. Vauban erreichten Meldungen, dass die Flotte in der Iroise-See sei, am Abend des 17. Juni. Sie ankerte auf halber Strecke zwischen Bertheaume und le Toulinguet nahe der Bucht von Camaret dicht bei der Einmündung in den Hafen von Brest.
Konteradmiral Osborne, 2. Duke of Leeds (begleitet von John Cutts) näherte sich der Küste, um die französischen Stellungen auszukundschaften und mögliche Anlandungsplätze zu finden. Bei seiner Rückkehr meldete er,
Den Engländern war zu diesem Zeitpunkt unbekannt, dass die versprochene französische Unterstützung noch immer nicht eingetroffen war und dass Vauban am 17. Juni um 23:00 Uhr an den König folgenden Brief geschrieben hatte:
18. Juni 1694
Am Morgen des 18. Juni lag dichter, beide Kriegsparteien behindernder Nebel über diesem Teil der Bretagne, was die Engländer dazu veranlasste, den Angriff hinauszuschieben. Dies kam den Franzosen insoweit zupass, als „ein Kavallerie-Korps, befehligt von Monsieur de Cervon, und ein Teil der Miliz bei Châteaulin um 9:00 Uhr ankommen (konnte)“. Daher war es, nachdem sich der Nebel gelichtet hatte, bereits 11:00 Uhr, als Carmarthen mit acht Schiffen vorrücken konnte, um den Tour de Camaret anzugreifen und die 200 Langboote mit Soldaten zu beschützen, die den Strand von Trez-Rouz ansteuerten. Der Tour de Camaret nahm, unterstützt von den Batterien von Le Gouin und Tremet, die Angreifer derart heftig unter Beschuss, dass zwei Schiffe Feuer fingen und die anderen kritisch beschädigt waren. Trotz ihrer Verblüffung ob dieser unerwartet starken Gegenwehr, gelang es den Briten ihrerseits einige Treffer am Turm zu erzielen. Bei dieser Auseinandersetzung wurde die Kirchturmspitze der Kapelle Notre-Dame de Rocamadour von einer Kanonenkugel abgeschossen.
Unterdessen landete Tollemache am Strand von Trez-Rouz an der Spitze von 1.300 Mann, darunter französische Hugenotten. Empfangen wurden sie von starkem Beschuss, woraufhin sie, nach einem kurzen Moment des Schwankens, von 100 Mann Irregulären und 1.200 Mann Küstenwachenmiliz angegriffen wurden.
Macauley schreibt in seiner History of England:
Tollemache wurde zurück zu seiner Schwadron von einem der wenigen Langboote gebracht, die noch seetüchtig waren. Französische Gegenangriffe trieben die Feinde zurück ins Meer und die Landungstruppen hatten dem nichts entgegenzusetzen. Sie konnten sich nicht einmal zurückziehen, da die Ebbe die Langboote auf Grund gesetzt hatte. Nur zehn der Boote gelang es, sich wieder dem Rest der englischen Flotte anzuschließen.
Die englischen Verluste waren beträchtlich:
Seit diesem Tag ist der Landungsstrand, befleckt mit Blut, bekannt als Trez Rouz (roter Strand). Die Talmashs Landepunkte nächste Klippe oder die Batterie, die den Schuss auf ihn abgegeben hatte, ist heute noch bekannt als Maro ar saozon (Tod der Engländer).
Als die Schlacht begann befand sich Vauban selbst im Fort du Mengant und erreichte das Schlachtfeld selbst erst nachdem schon alles vorüber war. In einem Brief an den Comte de Pontchartrain aus Camaret vom 18. Juni schrieb er:
Auswirkungen
Talmash starb nach seiner Rückkehr nach Plymouth an seinen Verletzungen und Englands öffentlicher Kummer und Entrüstung ob des Verrats wurden laut kundgetan. Nach dieser Niederlage wurde die englisch-niederländische Flotte überholt und segelte den Ärmelkanal zurück, um als Vergeltungsmaßnahme diverse Häfen, darunter Dieppe und Le Havre zu bombardieren. In einem fünf Tage andauernden Bombardement (vom 26. bis zum 31. Juli 1694) wurde Le Havre stark beschädigt. Im September attackierte dieselbe Flotte Dünkirchen und Calais, doch konnten die dortigen Festungen die Angriffe zurückschlagen, sodass die Städte nur kleinere Beschädigungen hinnehmen mussten. Diese Angriffe gaben Vauban Gelegenheit und Anlass, die Küste um Brest noch stärker zu befestigen. So richtete er eine Geschützstellung bei Portizc eine, eine weitere auf der île Longue, eine dritte bei Plougastel usw. …
Um den Sieg zu feiern, ließ Ludwig XIV. eine Medaille mit „Custos orae Armoricae“ (Wächter der Küste von Aremorica) und „Angl. et Batav. caesis et fugatis 1694“ (die Engländer und Niederländer aufgestöbert und in die Flucht geschlagen 1694) gravieren. Durch einen Beschluss vom 23. Dezember 1697 befreite die Bretagne die Bürger von Camaret „völlg von jeglicher Zahlung von einer Herdsteuer, Kopfsteuer oder sonstiger Steuern, die in den anderen Gemeinden der Provinz Bretagne aufkommen mögen“.
Der „Camaret Bay Letter“
Auf der Suche nach einem Sündenbock nach dieser blutigen Niederlage beschuldigten die Engländer oft Marlborough, der zu dieser Zeit bei Wilhelm III. aus anderen Gründen in Ungnade gefallen war, des Hochverrats. Ihm wurde vorgeworfen, dem abgesetzten Jakob II. im Mai 1694, einen vorwarnenden Brief geschrieben zu haben. Dieser Brief wurde bekannt als der Camaret Bay Letter und lautet wie folgt (übersetzt):
Der Brief existiert bloß in einer französischen Übersetzung und Winston Churchill behauptet in seiner Biografie über seinen Vorfahren Marlborough, dass der Brief eine Fälschung sei, die Marlboroughs Ruf beschädigen sollte und dass der Herzog Wilhelm III. niemals betrogen habe. Auch wenn es nahezu sicher ist, dass Marlborough Anfang Mai eine Nachricht über den Kanal schickte, in der er den bevorstehenden Angriff auf Brest beschrieb, ist genau so sicher, dass die Franzosen bereits von den Plänen über die Brest-Expedition aus anderen Quellen wussten. David G. Chandler folgert: „Die ganze Geschichte ist so obskur und undurchsichtig, dass es noch immer nicht möglich ist, eine definitive Entscheidung zu treffen. Alles in allem sollten wir Marlborough die Unsicherheit des Zweifels zugute halten.“
Gedenken
Im nördlichen Querschiff der Gemeindekirche von Saint-Rémy-du-Plain, teilweise verdeckt von den Orgelpfeifen, gibt es ein großes Bleiglasfenster von Jim Sévellec, das die Schlacht zeigt.
Siehe auch
- Meerenge von Brest
- Camaret-sur-Mer
- Vauban-Turm
Weblinks
- Die Geschichte von England ab der Thronbesteigung von James II. Kapitel XX von Thomas Babington Macaulay.
- Französische Darstellung des Angriffs
Einzelnachweise




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